Die Klimajugend demonstriert mit Plakaten mit der Aufschrift «Wessen Zukunft? Unsere Zukunft!» und ruft gemeinsam «Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut». Ihr Vorwurf an die älteren Generationen lautet, nicht rechtzeitig und ausreichend zu handeln, um die Klimakrise zu bewältigen. Die Bedeutung zukünftiger Generationen wird nicht nur in der Umwelt- und Klimapolitik hervorgehoben, Rechte und Interessen zukünftig lebender Menschen spielen auch in Bereichen wie der Sozialpolitik oder in der aktuell diskutierten KI- und Technikethik eine wichtige Rolle.
Wie können wir heute sicherstellen, dass zukünftige Generationen eine nachhaltige und gerechte Welt vorfinden?
Die junge und kommende Generation steht als Symbol für eine nachhaltige Politik, obwohl sie heute oftmals noch nicht aktiv am politischen Prozess teilnehmen oder ihre eigenen Interessen vertreten kann. Der demografische Wandel verstärkt zudem zunehmend, dass die Jungen von den Alten politisch fremdbestimmt werden. Interessensgegensätze und unterschiedliche Wertehaltungen werden in diesem Kontext oftmals als Generationenkonflikt verstanden, der wiederum die gesellschaftliche Bedeutung der Generationenbeziehungen als sozialer Zusammenhalt der Gesellschaft in den Fokus rücken lässt.
Eine generationengerechte Gesellschaft zielt darauf ab, Bedürfnisse und Interessen von unterschiedlichen Menschen in Einklang zu bringen und diese auf lange Sicht sicherzustellen. In dieser Ausgabe widmen wir uns also Perspektiven für eine nachhaltige Generationenpolitik und ein solidarisches Miteinander. Dabei geht es um die Verteilung von Chancen und Ressourcen zwischen den Generationen sowie um das Verständnis, dass Entscheidungen und Handlungen heute die Lebensqualität künftiger Generationen beeinflussen werden.
Der Soziologe François Höpflinger befasst sich in seinem Beitrag mit der demografischen Alterung der Gesellschaft. Um diese nachhaltig und generationengerecht zu bewältigen, diskutiert er Ansätze zur Neugestaltung des Lebens jenseits bisheriger altersstrukturierter Lebensmodelle.
Mit dem Zusammenleben der Generationen morgen zwischen Individualisierung, Familie und Einsamkeit beschäftigt sich Entwicklungspsychologin Pasqualina Perrig-Chiello. Sie gibt Einblicke in aktuelle Trends, zeitüberdauernde Bedürfnisse und bietet Lösungsmöglichkeiten für eine künftige solidarische Mehr-Generationengesellschaft.
Der Ökonom Florian Egli beleuchtet die Klimatransition und geht der Frage nach, wie die Bewältigung der Klimaschäden in Zukunft finanziert werden können, und diskutiert in seinem Artikel den Vorschlag einer vierten Vorsorgesäule für das Klima.
Die ungleiche Verteilung von Vermögen in unserer Gesellschaft wird sich im Rahmen der Erbschaftswelle weiter verstärken und dazu beisteuern, dass Machtkonzentrationen über Generationen hinweg weitergegeben werden. Marlene Engelhorn und Nils Schlütter der taxmenow-Initiative untersuchen in ihrem Beitrag die Rolle von Erbschaften aus vermögender Perspektive. Darin plädieren sie für eine angemessene Besteuerung, die eine ungleiche Vermögensverteilung ausgleichen und Zukunftsinvestitionen ermöglichen könnte.
Die demografische Alterung der Gesellschaft führt heute oftmals dazu, dass die Jungen von den Alten überstimmt werden und in politischen Ämtern unterrepräsentiert sind. Lara Oliveira König und Che Wagner vom Think + Do Tank Pro Futuris erläutern in ihrem Artikel anhand des Zukunftsrats U24 ein Format für einen Bürger:innenrat, der mehr Mitsprache und Mitbestimmung und eine Stärkung der Demokratie in der Schweiz zum Ziel hat.
Das Thema der Generationengerechtigkeit ist komplex und weitreichend. Es fordert eine langfristige Perspektive und eine enge Zusammenarbeit zwischen den Generationen, um eine nachhaltige und gerechte Zukunft für alle zu gestalten. Die Bildstrecke von Leonie Dittli und Justine Yee auf den Seiten 13–23 hinterfragt Stereotype zwischen den Generationen und bietet eine Plattform für Austausch – etwas, das wir in unserer Gesellschaft stärken sollten.
Im Zukunftsinterview erwartet Sie Pia Hollenstein, Altnationalrätin und Vorstandsmitglied des Vereins KlimaSeniorinnen. Der Verein legte eine Klimaklage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein, womit sich dieser nun erstmals mit der Frage beschäftigt, ob ein Staat Menschenrechte verletzen kann, wenn er nicht genug gegen den Klimawandel unternimmt. Mehr über die Energiezukunft 2050 der Schweiz erfahren Sie in der Rubrik Studien zur Zukunft der Schweiz.
Eine inspirierende Lektüre wünscht
Larissa Holaschke